Entwicklungen des spanischen Wohnraumgesetzes (Ley de Vivienda)

2024-05-17T05:34:00
Spain

Entwicklung des spanischen Wohnraumgesetzes: Referenzpreisindex und Sonderregelung für temporäre Mietverträge

Entwicklungen des spanischen Wohnraumgesetzes (Ley de Vivienda)
May 17, 2024

.Am 26. Mai 2023 trat das spanische Wohnraumgesetz 12/2023 in Kraft, das nun durch die Veröffentlichung des neuen Referenzpreisindexsystems und des neuen katalanischen Gesetzesdekrets 6/2024 ergänzt wurde. Diese jüngsten Entwicklungen unterstreichen die Bedeutung des Wohnraumgesetzes und dessen Ziel, leistungsschwächeren Bevölkerungsgruppen den Zugang zu angemessenem  Wohnraum zu erleichtern. Um dieses Ziel zu erreichen, sind verschiedene Maßnahmen zur Begrenzung der Mietpreise und zur Unterstützung des öffentlichen Wohnungsbaus eingeführt worden. Dies betrifft insbesondere Großvermieter, Bauträger und Investmentfonds, die in der Immobilienwirtschaft tätig sind.

Das Wohnraumgesetz und seine jüngsten Ergänzungen sehen u.a. folgende Maßnahmen vor:

 1.   Begrenzung der Anpassung von Mietpreisen und Gebiete mit angespanntem Mietmarkt

Aufgrund des Anstiegs der Inflation in Spanien seit dem Jahr 2021 wurde mit dem Königlichen Gesetzesdekret (Real Decreto-ley) 6/2022 vom 29. März (in Kraft bis zum 31. Dezember 2023) die Erhöhung von Mietpreisen in Wohnraummietverträgen auf 2% pro Jahr begrenzt.

Das Wohnraumgesetz hat diese Begrenzung auf das Jahr 2024 erweitert und bei Wohnraummietverträgen, bei welchen eine Anpassung der Miete erforderlich ist, eine Obergrenze von 3% festgelegt, sofern es sich bei dem Vermieter um einen Großvermieter handelt. Diese Obergrenze gilt jedoch auch dann, wenn der Vermieter kein Großvermieter ist, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben.


Großvermieter (gran tenedor): natürliche oder juristische Person, der mehr als zehn Wohnungen oder eine bebaute Fläche von mehr als 1.500 m2 für die Wohnnutzung gehören (ohne Garagen und Abstellräume).


Darüber hinaus wird das spanische Nationale Institut für Statistik (INE) einen neuen Index für die jährliche Anpassung der Miete für Wohnraummietverträgen bis zum 31. Dezember 2024 berechnen und veröffentlichen.

Es wurden zudem eine Reihe von sogenannten  Gebieten  mit angespanntem Mietmarkt ausgewiesen, in denen die Voraussetzungen für eine Vertragsverlängerung und die Höhe des Mietpreises genauer geregelt werden.

Der Beschluss des Staatssekretärs für Wohnraum und städtische Agenda vom 14. März 2024, der am 15. März im spanischen Bundesgesetzblatt (BOE) veröffentlicht wurde, legt die 140 Gebiete in Katalonien fest, die seit dem 16. März 2024 als  Gebiete mit angespanntem Mietmarkt gelten. Bislang hat keine andere autonome Region die Erklärung zum Gebiet mit angespanntem Mietmarkt beantragt.


Gebiete mit angespanntem Mietmarkt (zonas de mercado tensionado) sind solche Gebiete, in denen eine der folgenden Situationen herrscht:

1)    die Belastung des persönlichen Budgets oder des Haushaltsbudgets durch Hypotheken- oder Mietkosten                 (einschließlich aller Neben- und sonstigen Kosten) übersteigt 30% des durchschnittlichen Haushaltseinkommens;         oder

2)    der durchschnittliche Mietpreis ist in den letzten fünf Jahren um mindestens drei Prozentpunkte über den regionalen Verbraucherpreisindex gestiegen.

Die zuständigen Behörden für Wohnungswesen müssen die Gebiete der angespannten Wohnungsmärkte festlegen und einen Referenzpreisindex für das Gebiet berechnen und veröffentlichen.


Für Wohnraummietverträge in diesen Gebieten gewährt das Gesetz dem Mieter das Recht, nach Ablauf der gesetzlich vorgesehenen oder stillschweigend vereinbarten Verlängerungsfrist, den Mietvertrag außerordentlich, für einen Zeitraum von höchstens drei Jahren, zu verlängern. Für die Verlängerungen gelten die Bestimmung des ursprünglichen Mietvertrags.

Handelt es sich bei dem Vermieter um einen Großvermieter, ist die Höhe der Miete für einen neuen Mietvertrag auf (i) die angepasste Miete des vorherigen Mietvertrags oder (ii) den nach dem Referenzpreisindexsystem geltenden Preis begrenzt, je nachdem welcher Betrag geringer ist.

 Der Referenzpreisindex ist ab dem 16. März 2024 gültig und kann auf der Website des Ministeriums für Wohnungswesen und städtische Agenda eingesehen werden.

Die Obergrenze des Referenzpreises gilt auch für Wohnungen, die in den letzten fünf Jahren nicht vermietet worden sind, unabhängig davon, ob der Vermieter ein Großvermieter ist oder nicht.

Handelt es sich hingegen nicht um einen Großvermieter, so darf die zu Beginn des neuen Mietvertrages vereinbarte Miete die letzte Miete, unter Anwendung der jährlichen  Mietanpassung, nicht übersteigen. Eine Anpassung um höchstens 10% ist lediglich in gesetzlich geregelten Sonderfällen möglich: z.B. bei Durchführung von Modernisierungsarbeiten in den letzten zwei Jahren, die nachweislich zu Einsparungen an nicht erneuerbarer Primärenergie geführt haben.

 Zu diesem Thema ist eine allgemeine Bemerkung zu machen: Mietverträge, die vor dem Inkrafttreten des Wohnraumgesetzes und ggf. vor dem Inkrafttreten des Referenzpreisindexsystem oder des katalanischen Gesetzesdekrets 6/2024 abgeschlossen wurden, unterliegen weiterhin den Bestimmungen der bei dessen Abschluss geltenden gesetzlichen Regelungen. Hiervon ausgenommen sind Maßnahmen zur jährlichen Anpassung der Miete in den Jahren 2023 und 2024, die für alle Verträge gelten.

Sonderregelung in Katalonien

Darüber hinaus sieht das kürzlich erlassene Gesetzesdekret 6/2024, das am 26. April 2024 in Katalonien in Kraft getreten ist und innerhalb von 30 Tagen vom katalanischen Parlament bestätigt werden muss, eine Sonderregelung für bestimmte temporäre Mietverträge (arrendamientos de temporada) vor.


Temporäre Mietverträge (arrendamientos de temporada) sind Mietverträge, die für einen begrenzten Zeitraum abgeschlossen werden und einen befristeten Wohnbedarf decken (im Gegensatz zu Wohnraummietverträgen, die einen dauerhaften Wohnbedarf decken). Diese Art von Mietvertrag wird häufig für die Vermietung von Zweitwohnungen, Studentenwohnungen oder Ferienwohnungen verwendet.


Gemäß dieses Gesetzesdekrets gelten für temporäre Mietverträge (arrendamientos de temporada), die aus beruflichen Gründen, zur Aufnahme einer Arbeit, eines Studiums, zur medizinischen Versorgung oder aus ähnlichen Gründen abgeschlossen werden, dieselben Regeln des Wohnraumgesetzes in Bezug auf die Festlegung und Aktualisierung der Mietpreise.

Dagegen gelten für temporäre Mietverträge, die ausschließlich zu Freizeit-, Urlaubs- oder Erholungszwecken abgeschlossen werden, die Vorschriften für Mietverträge, die nicht zu Wohnzwecken abgeschlossen werden.

Das Gesetzesdekret legt auch Grenzen für die Mietpreise von Zimmern in Mietwohnungen fest, indem es bestimmt, dass die Summe der vereinbarten Miete, die für die Miete der gesamten Wohnung geltende Höchstmiete nicht überschreiten darf, wenn sich die Wohnung in einem Gebiet mit angespanntem Mietmarkt befindet.

Es gibt auch neue Informationspflichten für Mietangebote, wie z.B. die Angabe des Mietpreises, der sich aus der Anwendung des Referenzindexsystems ergibt, oder die Angabe der letzten Miete des in den letzten fünf Jahren geltenden Mietvertrags. Ferner ist vorgesehen, dass diese Angaben in den Mietvertrag aufgenommen werden.

Schließlich ändert das neue Gesetzesdekret das katalanische Gesetz 18/2007 vom 28. Dezember über das Recht auf Wohnen, um die Nichteinhaltung verschiedener Verpflichtungen in diesem Bereich als Straftat einzustufen.

2.  Immobilienverwaltungskosten

Sämtliche Kosten für die Verwaltung der Immobilie und die Vertragsgestaltung werden vom Vermieter übernommen. Bisher wurden diese Kosten und die Maklergebühren dem Mieter im Rahmen entsprechender Vereinbarungen auferlegt. Das Wohnraumgesetz hat diese weit verbreitete Praxis nun untersagt.

3.   Förderung des sozialen Wohnungsbaus

Zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus erhöht das Gesetz unter anderem die Pflichtquote an Sozialwohnungen auf ländlichen Flächen auf 40% und auf städtischen Flächen auf 20%. Dabei soll sichergestellt werden, dass die Einstufung von Grundstücken für den sozialen Wohnungsbau nur in Ausnahmefällen geändert werden kann und grundsätzlich ein Prozentsatz von 50% nicht unterschnitten wird.

Ferner wird gewährleistet, dass solche Wohnungen die als Sozialwohnungen klassifiziert sind, diese Klassifikation nicht verlieren, solange die zu bebauenden Grundstücke dem Wohnungsbau gewidmet sind.

Das Gesetz führt zudem das Konzept des geförderten, erschwinglichen Wohnraums (vivienda asequible incentivada) ein. Dies stellt eine Maßnahme dar, durch die das Angebot an Wohnungen zu erschwinglichen Preisen erhöht werden soll.

Schließlich wird festgelegt, dass der öffentliche Wohnungsbestand (parques públicos de vivienda) nur an die öffentliche Verwaltung, deren Einrichtungen oder gemeinnützige juristische Personen veräußert werden darf.


Wirtschaftlich schwache Bevölkerungsgruppen (vulnerabilidad económica):

      • Familien und Wohneinheiten in stark benachteiligten und marginalisierten Siedlungen und Stadtvierteln,
      • Obdachlose Personen,
      • Menschen mit Behinderungen,
      • Kinder, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind,
      • Kinder, die aus der Betreuung ausscheiden, und
      • alle anderen schutzbedürftigen Personen.

      4.   Steuerliche Maßnahmen

      Weiterhin wurden einige Änderungen bezüglich des IRPF (Einkommenssteuer) und des IBI (Grundsteuer) vorgenommen.

      Die Änderung des IRPF betrifft nur Immobilieneigentümer, die Einkünfte aus Immobilienkapital erzielen. Bislang unterlagen diese Einkünfte einer Ermäßigung von 60%. Seit dem 1. Januar 2024 kann eine Ermäßigung nur noch unter folgenden, nicht kumulativ anwendbaren, Bedingungen vorgenommen werden:

      • um 90%, wenn es sich um einen neuen Wohnraummietvertrag in einem Gebiet mit angespanntem Mietmarkt handelt, in dem die Miete um 5% reduziert ist.

      • um 70%, wenn es sich um eine Wohnung in einem Gebiet mit angespanntem Mietmarkt handelt, die zum ersten Mal vermietet wird und der Mieter zwischen 18 und 35 Jahre alt ist, oder wenn es sich um eine Wohnung handelt, die an die Verwaltung oder an eine gemeinnützige Organisation vermietet wird und für eine soziale Vermietung mit einer monatlichen Miete bestimmt ist, die unter der im Mietbeihilfeprogramm der im staatlichen Wohnungsbauplan festgelegten Miete liegt, oder wenn es sich um eine Wohnung für wirtschaftlich schwache Personen handelt, oder wenn die Wohnung unter öffentliche Wohnungs- oder Qualifizierungsprogramme mit einer Mietbegrenzung fällt.

      • um 60%, wenn die Wohnung in den letzten zwei Jahren vor Abschluss des Mietvertrags renoviert worden ist.

      • um 50% in allen anderen Fällen der Wohnraummiete.

      • es besteht kein Recht auf die obengenannten Ermäßigungen, wenn die Immobilie nicht in der Steuererklärung angegeben wurde oder wenn der Vertrag nicht den Bestimmungen des Art. 17.6 des spanischen Mietgesetzes (über die Begrenzung des Mietpreises in Gebieten mit angespanntem Mietmarkt) entspricht.

      Diese steuerlichen Vergünstigungen für das IRPF (Einkommenssteuer) sind erst am 1. Januar 2024 in Kraft getreten.

      Die IBI-Änderung betrifft dagegen alle Immobilieneigentümer. Bisher konnten die Stadtverwaltungen einen Zuschlag von 50% für unbewohnte Immobilien festlegen. Das Wohnraumgesetz sieht dagegen vor, dass diese Zuschläge auf 100% erhöht werden können, wenn die Immobilien seit drei Jahren unbewohnt sind, und auf bis zu 150%, wenn dem Eigentümer zwei oder mehr unbewohnte Immobilien in derselben Gemeinde gehören.


      Unbewohnte Inmobilien (viviendas desocupadas): IImmobilien, die über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren ununterbrochen unbewohnt sind und einem Eigentümer von vier oder mehr Wohnimmobilien gehören. Davon ausgenommen sind begründete Ausnahmefälle wie bspw. im Falle von Bauarbeiten.

      Die zuständige Behörde muss die Immobilie in einem Verwaltungsverfahren ausdrücklich für unbewohnt erklären. 


      5.   Schutz vor Zwangsräumungen

      Mit dem Wohnraumgesetz wurden verschiedene Änderungen in den Verfahren der Zwangsräumung, Zwangsversteigerung (ejecución hipotecaria) und Versteigerung (subasta) von Immobilien, die von Personen bewohnt werden, die Teil von wirtschaftlich schwachen Bevölkerungsgruppen sind, eingeführt. Dabei handelt es sich vor allem um verfahrensrechtliche und soziale Schutzmaßnahmen.

      Insbesondere soll auf folgende Neuerungen im Zwangsräumungsverfahren hingewiesen werden:

      • Der Kläger muss in seiner Klage angeben, ob die von ihm vermietete Immobilie der gewöhnliche Aufenthaltsort des Bewohners ist und ob er ein Großvermieter ist. Soweit es sich beim Kläger um  einen Großvermieter handelt, ist er verpflichtet anzugeben, ob sich der Bewohner in einer wirtschaftlich bedürftigen Lage befindet. 
      • Die öffentliche Verwaltung wird über die Zwangsräumung in Kenntnis gesetzt, um die wirtschaftliche Bedürftigkeit zu überprüfen. 

      • Handelt es sich bei dem Kläger um einen Großvermieter, dessen vermietete Immobilie den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Bewohners darstellt und befindet sich dieser in einer Situation wirtschaftlicher Bedürftigkeit, muss vor Klageerhebung ein Schlichtungs- oder Vermittlungsverfahren durchgeführt werden. 
      • Dieser Schutz besteht gleichermaßen, wenn die wirtschaftliche Bedürftigkeit im Gerichtsverfahren festgestellt wird.
      • Alle durch das RDL 11/2020 ausgesetzten Zwangsräumungen, werden ab dem 30. Juni 2023 wieder aufgenommen, wenn es sich bei dem Kläger um einen Großvermieter handelt und nachgewiesen wird, dass er das Schlichtungs- oder Mediationsverfahren durchlaufen hat. 

      Im Zusammenhang mit der Zwangsvollstreckung von Hypotheken und der Versteigerung von beweglichen Sachen, wurde auch das Konzept des Schutzes für wirtschaftlich schwache Hausbesitzer eingeführt.

      May 17, 2024