Strafrechtler und Compliance-Experten blicken derzeit gespannt nach Deutschland als Folge des Entwurfs eines neuen Verbandssanktionengesetzes, das vor wenigen Wochen vom
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SubscribeStrafrechtler und Compliance-Experten blicken derzeit gespannt nach Deutschland als Folge des Entwurfs eines neuen Verbandssanktionengesetzes, das vor wenigen Wochen vom deutschen Bundesjustizministerium vorgestellt wurde. Der Entwurf wurde noch nicht veröffentlicht, aber bestimmte Teile wurden schon ausgewählten Verbänden und der Presse zur Verfügung gestellt.
Der lang erwartete Referentenentwurf für ein Verbandssanktionengesetz soll einige Probleme beheben, die unter dem derzeitigen Rechtsrahmen für erhebliche Kritik sorgen. Bisher gibt es im deutschen Recht keine strafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen. Die Sanktionierung von Unternehmen unterliegt bisher hingegen dem Ordnungswidrigkeitengesetz, in dem das Opportunitätsprinzip gilt, d.h. es besteht keine Pflicht der Behörden, ein Bußgeldverfahren einzuleiten und durchzuführen.
Im Allgemeinen wird der Rechtsrahmen als unzureichend empfunden. Das Opportunitätsprinzip führt in der Praxis dazu, dass die meisten Unternehmen für ihre Verfehlungen nicht verfolgt werden. Gemäß des Entwurfs, soll künftig bei der Verfolgung von Unternehmen das Legalitätsprinzip gelten, d.h. die Staatsanwaltschaft wäre gezwungen, ein Ermittlungsverfahren gegen ein Unternehmen einzuleiten, wenn hinreichende Indizien vorliegen, dass eine Straftat begangen worden ist. Zusätzlich wird es als eine Schwäche angesehen, dass derzeit die Verbandsgeldbuße, die gegen juristische Personen oder ihnen gleichgestellte Personenvereinigungen verhängt werden kann, auf 10 Millionen Euro beschränkt ist, da diese Summe für Großunternehmen keine Abschreckungswirkung entfalten kann. Der Entwurf erweitert und erhöht den Strafrahmen. Außerdem sind bislang die unternehmensinternen Ermittlungen („interne Untersuchungen“ oder „internal investigations“) zur Sachverhaltsaufklärung nicht gesetzlich geregelt, weshalb Unternehmen keine Maßgaben haben, wie solche internen Untersuchungen durchgeführt werden müssen und welche Bedeutung ihre Aufklärungsbemühungen für eine mögliche Strafmilderung haben.
Ein „Unternehmensstrafrecht“ gibt es mittlerweile in den meisten Ländern der Europäischen Union. In Spanien wurde die Strafbarkeit juristischer Personen im Jahre 2010 eingeführt. Seitdem können Unternehmen bei Begehung bestimmter Straftaten verurteilt werden. Im Jahr 2015 trat eine weitere Reform des spanischen Strafgesetzbuches in Kraft, in der ausführlicher geregelt wurde, wie ein Compliance-Programm gestaltet sein bzw. welche Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen das Unternehmen durchführen muss, um eine Strafmilderung oder –befreiung zu erreichen.
Obwohl spanische Unternehmen seit 2010 strafbar sein können, sind in Spanien interne Untersuchungen noch nicht gesetzlich als Strafmilderungsgrund anerkannt. Weder die qualitativen Anforderungen einer internen Untersuchung noch Regelungen zur Verwertung der Ergebnisse einer internen Untersuchung, sind im Gesetz vorgesehen. Allerdings sind im spanischen Strafgesetzbuch zwei Milderungsgründe vorgesehen, bei denen ggf. interne Untersuchungen eine Rolle spielen können: (i) das Geständnis der Straftat gegenüber den Behörden vor der Kenntnis von der Einleitung der Ermittlungen, und (ii) die Mitwirkung des Unternehmens bei den Ermittlungen durch Beibringung von neuen Beweismitteln, die zur Aufklärung des Sachverhalts und des Tathergangs beitragen.
Ausdrücklich erwähnt ist die interne Untersuchung lediglich in einem Rundschreiben der Oberstaatsanwaltschaft –Circular 1/2016, de 22 de enero, sobre la responsabilidad penal de las personas jurídicas conforme a la reforma del código penal efectuada por Ley Orgánica 1/2015– in dem niedergelegt ist, dass eine aktive Mitwirkung bei den Ermittlungen oder eine Bereitstellung der Ergebnisse der internen Untersuchungen im Strafverfahren, sogar zu der Befreiung von der strafrechtlichen Haftung führen kann.
Der Entwurf des deutschen Verbandssanktionengesetzes, der überwiegend auf internationale Standards der US-amerikanischen und britischen Gesetzgebung und Rechtsprechung beruht, enthält sehr genaue Angaben über die Gestaltung einer internen Untersuchung, die Vorgehensweise und das Verhältnis zu den Strafverfolgungsbehörden. Angesichts der fehlenden Regelungen in Spanien, wäre es wünschenswert, wenn sich der spanische Gesetzgeber bezüglich der internen Untersuchungen vom deutschen Gesetzgeber inspirieren ließe.
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