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SubscribeAllgemeines Konzept der Verjährung
Unter Verjährung versteht man das Entstehen einer dauernden rechtshindernden Einrede aufgrund des Verstreichens eines definierten Zeitraums. Das Recht bzw. der Anspruch erlischt hierbei nicht. Vielmehr kann seiner Geltendmachung die Einrede entgegengehalten werden.
In deutschen und spanischen Rechtsordnungen ist die Länge der Frist abhängig von der Art des Anspruchs, der der Verjährung unterliegt. Hierbei gelten beispielsweise für sachenrechtliche Ansprüche andere Fristen als für schuldrechtliche. Aber auch innerhalb der schuldrechtlichen Ansprüche erfolgt eine Differenzierung.
Wir werden uns auf den Vergleich des „dies a quo“, d.h. des Tages, an dem die Verjährungsfrist zu laufen beginnt, sowie auf die Möglichkeiten der Hemmung und der Unterbrechung (bzw. des Neubeginns) dieser Fristen zum Schutz ihrer späteren gerichtlichen Geltendmachung konzentrieren.
Beginn der Verjährungsfrist
Im spanischen Bürgerlichen Gesetzbuch (Código Civil oder „CC“) enthalten die Artikel 1969-1972 einige allgemeine Regeln für die Bestimmung des ersten Tages der Verjährungsfrist für Ansprüche. Nach Artikel 1969 CC beginnt die Verjährungsfrist für alle Arten von Ansprüchen grundsätzlich an dem Tag zu laufen, an dem sie erstmals geltend gemacht werden können. Die Rechtsprechung legt Artikel 1969 CC weit aus. Hiernach kommt es entscheidend darauf an, ob der Anspruchsinhaber auch subjektiv Kenntnis von allen anspruchsbegründenden Umständen hat, sodass er auch rein tatsächlich zur Geltendmachung des Anspruchs in der Lage ist.
Im deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch („BGB“) hingegen ist die Verjährung in den §§ 194 ff. BGB geregelt. Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, und in dem, zusätzlich, der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umstände und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Diese allgemeine Regel, die im Common Law auch als „Discovery Rule“ bekannt ist, stellt auf den Zeitpunkt ab, zu dem der Gläubiger bzw. der Geschädigte den Schaden entdeckt oder hätte entdecken müssen, und nicht auf den Zeitpunkt, zu dem die schädigende Handlung stattgefunden hat.
In der Praxis wenden sowohl deutsche als auch spanische Gerichte diese Discovery Rule an, wenn der Beginn der Verjährungsfrist nicht auf andere Weise bestimmt werden kann.
Unterbrechung (Neubeginn) oder Hemmung der Verjährung
Wir unterscheiden zwischen Unterbrechung (Neubeginn) und Hemmung der Frist.
(a) Bei der Hemmung wird die Frist für eine bestimmte Zeit gehemmt. Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet (vgl. § 209 BGB).
(b) Im Falle einer Unterbrechung, beginnt die Verjährungsfrist nach Aufhebung oder Wegfall der Umstände, die zur Unterbrechung geführt haben, von neuem zu laufen, und zwar von vorne. Es handelt sich also um einen sog. Neubeginn der Verjährung (vgl. § 212 BGB).
Das Código Civil hingegen verhält sich nicht zur Hemmung. Das liegt zum Teil daran, dass die spanische Rechtsprechung die Möglichkeit vorsieht, dass die Verjährungsfrist erst dann zu laufen beginnt, wenn der Gläubiger den Anspruch subjektiv geltend machen kann. Dennoch ist es für die spanischen Gerichte notwendig geworden, die Hemmung der Verjährung von Ansprüchen anzuwenden. Hierbei orientiert sich die spanische Rechtsprechung an den Hemmungskonzepten der renommiertesten Rechtsordnungen, einschließlich der deutschen.
Das BGB gehört zu den europäischen Zivilgesetzbüchern, die die Hemmung der Verjährung von Ansprüchen und deren Voraussetzungen am detailliertesten regeln. So sind in den §§ 203 bis 208 BGB die Gründe aufgeführt, die zur Hemmung von Fristen führen, darunter die Hemmung während andauernder Verhandlungen, durch Rechtsverfolgung, bei Bestehen eines Leistungsverweigerungsrechts und bei höherer Gewalt.
Die Möglichkeit, die Verjährung zu unterbrechen, besteht in Spanien nach allgemeiner Auffassung dann, wenn der Anspruchsinhaber seinen Anspruch nicht wirksam und rechtzeitig geltend machen kann und ihm diese Untätigkeit auch nicht vorwerfbar ist. Daher beginnt die Verjährungsfrist von Neuem zu laufen, sobald der Unterbrechungsgrund weggefallen ist und die Geltendmachung oder Wahrung des Anspruchs wieder möglich ist.
Im deutschen Recht sind die Unterbrechung (bzw. der Neubeginn) und deren Voraussetzungen in § 212 BGB gesetzlich geregelt. Im spanischen Recht hingegen wird dies der Auslegung durch die Gerichte –innerhalb der Grenzen des Artikels 1973 CC– überlassen. Laut Artikel 1973 CC gibt es drei Umstände, die zur Unterbrechung der Verjährung eines Anspruchs führen: seine gerichtliche Geltendmachung, die außergerichtliche Geltendmachung durch den Gläubiger und jede Handlung des Schuldners durch den dieser die Schuld anerkennt. In der Praxis werden von der Rechtsprechung neben der gerichtlichen Geltendmachung auch andere verfahrensrechtliche Handlungen, die der Vorbereitung der Klage dienen, als Unterbrechungsgrund anerkannt.
Im deutschen Recht schützt das BGB den Gläubiger vor allem durch die Hemmung der Verjährung vor Rechtsverlusten, weniger durch die Unterbrechung. Die in § 212 BGB geregelte Unterbrechung der Verjährung, bzw. der „Neubeginn der Verjährung“, wie die Unterbrechung seit der Schuldrechtsmodernisierung im Jahr 2002 bezeichnet wird, tritt ein, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber dem Anspruch anerkennt oder wenn eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird. Das BGB nennt als Umstände, die die Verjährung unterbrechen und neu beginnen lassen können, auch Anerkenntnishandlungen, d.h. Abschlagszahlungen, Zinszahlungen, Sicherheitsleistungen oder andere Formen des Anerkenntnisses, durch die manifestiert wird, dass der Schuldner seine Verpflichtung tatsächlich anerkennt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Verjährung sowohl in Deutschland als auch in Spanien –mit den oben erwähnten Unterschieden– darauf abzielt, einen Ausgleich zwischen dem Interesse des Gläubigers an der Wahrung seiner Ansprüche und dem Interesse des Schuldners, eine Höchstfrist für deren Geltendmachung festzulegen, zu schaffen, um dadurch in den jeweiligen Rechtsordnungen für Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu sorgen.
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