Am 24. Dezember 2020 erzielte die Europäische Kommission eine Einigung mit dem Vereinigten Königreich über die Bedingungen zur künftigen Zusammenarbeit (im Folgenden „Kooperationsabkommen“). Das Kooperationsabkommen wurde am 30. Dezember 2020 durch den Präsidenten des Europäischen Rates im Namen der 27 Mitgliedstaaten sowie durch beide Kammern des Parlaments des Vereinigten Königreichs unterzeichnet und trat am 1. Mai 2021 endgültig in Kraft.
Im Folgenden wird auf grundlegende Aspekte eingegangen, die im Titel V des Kooperationsabkommens zum geistigen Eigentum und gewerblichen Rechtsschutz geregelt sind.
Geistiges Eigentum:
Verwertungs- und Vergütungsrechte: Es bestimmt die Verwertungsrechte, die ausschließlich dem Urheber an seinen Werken, den ausübenden Künstlern an ihren Darbietungen, den Tonträgerherstellern an ihren Tonträgern und den Sendeunternehmen an ihren Sendungen zustehen. Es wird eine angemessene Vergütung für Künstler und Tonträgerhersteller bei öffentlicher Ausstrahlung und Wiedergabe von Tonträgern zu gewerblichen Zwecken festgesetzt.
Das Abkommen legt folgende Mindestlaufzeiten der einzelnen Verwertungsrechte fest:
- für Urheber: 70 Jahre nach dem Tod des jeweiligen Urhebers
- für Sendeunternehmen: 50 Jahre nach Erstausstrahlung der Sendung
- für Künstler und Darsteller: 50 Jahre nach Aufzeichnung bzw. bei rechtmäßiger Veröffentlichung oder öffentlicher Wiedergabe innerhalb dieses Zeitraumes 50 Jahre nach der ersten derartigen Veröffentlichung oder öffentlichen Wiedergabe (maßgeblich ist der frühere Zeitpunkt).
- für Hersteller von Tonträgern: 50 Jahre nach der Aufnahme; oder bei rechtmäßiger Veröffentlichung innerhalb dieses Zeitraumes 70 Jahre nach der Veröffentlichung.
Die Laufzeiten beginnen ab dem 1. Januar des auf die Schaffung des Werkes folgenden Jahres.
IP-Verwertungsgesellschaften: Das Kooperationsabkommen fördert die Zusammenarbeit zwischen den IP-Verwertungsgesellschaften des Vereinigten Königreichs und der EU sowie ihrer Mitgliedsstaaten. Ziel ist es, die Verfügbarkeit von Werken im jeweiligen Staatsgebiet zu garantieren und eine ordnungsgemäße Auszahlung der Einnahmen aus deren Verwertung zu fördern.
Des Weiteren besteht die Befugnis der Parteien des Kooperationsabkommens, ein entsprechendes Vorgehen gegen die Umgehung technischer Maßnahmen und die Verletzung von Rechten an geistigem Eigentum zu regeln. Es steht ihnen frei, in bestimmten Sonderfällen Grenzen und Ausnahmen festzulegen, sofern diese die gewöhnliche Nutzung der Rechte nicht beeinträchtigen und die berechtigten Interessen ihrer Inhaber nicht unangemessen beeinträchtigen.
Gewerblicher Rechtsschutz:
Marken: Das Abkommen bestimmt, welche Zeichen durch eine Marke geschützt werden können; die Rechte, die ein solcher Schutz seinem Inhaber verleiht; das Verfahren für die Registrierung von Marken; den Begriff der bekannten Marke; die Ausnahmen von den durch eine Marke verliehenen Rechten und die Gründe für den Widerruf einer Marke und die Folgen einer bösgläubigen Markenanmeldung.
Geschmacksmuster: Das Abkommen regelt den Schutzmechanismus von Geschmacksmustern mit und ohne Eintragung; ihre Geltungsdauer; die Ausnahmen und Ausschlüsse vom Schutz von Geschmacksmustern und die Vereinbarkeit von diesen mit dem Urheberrecht.
Patente: Es wird auf den Zusammenhang zwischen Patenten und der öffentlichen Gesundheit hingewiesen mit besonderem Augenmerk auf Patente im Bereich von Medikamenten und Pflanzenschutzmitteln.
Das Abkommen legt fest, dass der Zeitraum zwischen der Einreichung einer Patentanmeldung und der Erstzulassung auf dem Markt nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften die Dauer des tatsächlichen Patentschutzes verkürzen kann. Als Ausgleich wird den Parteien die Möglichkeit gegeben, die Produktklasse zusätzlich zu schützen.
Geschäftsgeheimnisse: In Anlehnung an die Bestimmungen der Richtlinie 2016/943 über Geschäftsgeheimnisse werden Anforderungen an den Begriff des Geschäftsgeheimnisses definiert und Verhaltensweisen aufgelistet, die gegen die ordentlichen Geschäftspraktiken verstoßen.
Für alle Rechte des geistigen und gewerblichen Eigentums schreibt das Abkommen den Grundsatz der Inländerbehandlung vor, die Staatangehörigen der anderen Vertragsparteien dürfen somit nicht weniger günstig behandelt werden als die eigenen Staatsangehörigen.
Das Abkommen lässt den Vertragsparteien die Freiheit, zu bestimmen, ob und unter welchen Bedingungen die Erschöpfung der Rechte des geistigen Eigentums eintritt.